Wenn die Nacht am Stillsten ist
Anna ist Redakteurin bei einem Gesellschaftsmagazin und umgeben von „Poptrotteln“, die keine Ahnung von Musik haben, aber so hoch angesehen sind wie die Edelfedern vom „SZ-Magazin“, vom „stern“ oder vom „Spiegel“ und das auch ständig heraushängen lassen. Wenn sie wüssten, dass sie zwischen der Redaktion und dem Heim, in dem ihre Mutter untergebracht ist, hin und her pendelt, würden sie Anna als Gutmensch dissen. Und auch sonst fällt es ihr schwer, ständig umzuschalten zwischen der elitären Zeitgeist-Clique, die auf den Wahrheitsgehalt von Reportagen der leichteren Lesbarkeit zuliebe pfeift, und den bedrückenden Zuständen in einem ganz normalen Altenheim.
Von diesem Spannungsverhältnis lebt Arezu Weitholz’ erster Roman „Wenn die Nacht am Stillsten ist“ (Kunstmann). Und diesen Spagat ihrer Protagonistin Anna schildert Weitholz so genau und überzeugend, weil sie beides am eigenen Leib erfahren hat. Bevor sie Songtexte für Grönemeyer, Madsen, die Toten Hosen und Udo Lindenberg verfasste, war sie Redakteurin des Magazins „Spiegel Spezial“.
Ein herausragendes Romandebüt, das nicht zuletzt auch von der vergeblichen Liebe zu einem bemitleidenswerten Schnösel handelt. Bitte mehr davon.